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13. und 14. Mai

verfasst am 15.5.2011 00:01 (CST) · Kategorie: Kurznotizen

Am 13. beenden wir die Laborarbeit zur Proteinreinigung und unternehmen mal wieder eine Reise zu einem größeren Supermarkt. Tags darauf fahren wir nach Wudaokou, um Fahrräder zu kaufen und überführen diese nach Hause.

Freitag, 13. Mai

Im Labor steht die Proteinreinigung (Pyruvatdehydrogenase-Enzymkomplex) vor dem Abschluss. Gestern haben wir die letzte Reinigung mit der Sepharosesäule (size-exclusion) und die Aufkonzentrierung durchgeführt. Heute messen wir die Enzymaktitivät, Proteinkonzentration (Bradford) und tragen Proben der verschiedenen Reinigungsschritte auf das Gel für die SDS-PAGE auf, um die Reinigung zu dokumentieren.

Mittags beschließen wir (alle vier Austauschler), während die Gele laufen, zu einem nahen Supermarkt zu gehen, um uns das Angebot an Fahrrädern und anderen Dingen anzusehen (richtiges Brot haben wir bis jetzt nirgendwo in der näheren Umgebung gesehen). Wir gehen zu Fuß zum nächsten Auchan (Peking bzw. China erlebt wohl eine Invasion französischer Supermarktketten). Dort gibt es wie im Carrefour alles über Consumer-Elektronik bis hin zum Bodenreiniger. Auch Fahrräder, die allerdings nicht "wahnsinnig günstig" sind. Interessant wird der Blick in die Lebensmittelabteilung. Bei den Süßigkeiten finden sich vertraute Marken aus der Heimat, allerdings zu entsprechenden Preisen: Ritter Sport Minis (250g 45 Yuan), Ferrero Rocher (16 Stück etwas um 50 Yuan, es gibt sogar eine Riesenpackung für 200 Yuan), Kinderschokolade & Bueno sowie Pralinen von Lindt. Spannender sind allerdings die lokalen Produkte: chinesische Billigstschokolade (100g 2,60 Yuan) - schmekt wie die Schokolade, aus der die günstigsten Weihnachtsmänner gemacht sind.
Wir finden Brote und Baguettes. Endlich mal wieder bissfesteres Brot zum Frühstück und nicht nur Toastbrote!
Die Meeresfrüchte verdienen auch noch Erwähnung, in Aquarien schwimmen Fische, auch Schildkröten und Kröten stehen zum Verkauf (nicht als Haustiere). Ferner gibt es abgepackte Seegurken und geschnittenen Seetang.
Wir nehmen den Bus zurück Richtung Campus. Zum Abendessen gibt es ganz frischen Karpfen, den wir in einem nahegelegenen Restaurant mit Leuten aus dem Labor haben. 20 Minuten, bevor wir ihn gegessen haben, schwomm er noch ganz munter im Aquarium am Eingang herum...

Samstag, 14. Mai

Primärziel für heute: etwas Ausschlafen und endlich den Erwerb der Fahrräder angehen.

Den Wecker auf 8:30 gestellt wache ich schon um 7 Uhr auf, da die Sonne auf mein Bett scheint (Vorhänge sind abmontiert und Rolladen nicht vorhanden). Bis kurz vor 8 halte ich es noch im Bett aus, dann wird es aber schon zu warm.
Wir haben abgemacht, um 12 Uhr nach Wudaokou aufzubrechen, dort zu Mittag zu essen und anschließend das dortige Angebot an Rädern zu begutachten. Die Zeit bis dahin nutze ich, um ein paar Nachrichten aus Europa zu lesen und noch den "Bericht" vom 7. Mai zu schreiben - für sowas fehlt mir gerade die Zeit, aber es gibt viel zu berichten und einiges steht noch aus.
Um 12 fahren wir dann nach Wudaokou, direkt mit der Buslinie 86. Unser Weg dorthin hat mittlerweile seine ganz eigene "Evolution" hinter sich:
Das erste Mal dorthin fuhren wir mit dem Bus zur U-Bahnstation Gongzhufen, von dort dann mit zwei Mal die U-Bahn-Linie wechseln zum Ziel.
Bald darauf sahen wir auf der Karte, dass es mittlerweile eine weitere U-Bahnstation in der Nähe gibt (eröffnet letztes Jahr), die in gleicher Zeit mit dem Bus erreichbar ist, ab dort muss man allerdings nur ein Mal umsteigen.
Dass es auch einen Bus direkt nach Wudaokou gibt, fanden Tobi und ich heraus, als wir auf unserem Weg zu dem Olympiagelände daran vorbeifuhren.

Mittagessen beim Uiguren

In Wudaokou angekommen, gehen wir erstmal Mittagessen. Zum Uiguren. Das Essen dieses Volkes aus dem Westen Chinas schmeckt deutlich anders: Absolut nicht scharf, sondern sehr mild gewürzt, z.T. fast schon etwas mediterran. Das Nudelgericht könnte z.B. fast schon aus Italien stammen:

Essen im Uigurischen Restaurant

Es gibt eine Art Brot, die sich am Besten als Pizzabrot, das ähnlich wie Dönerteig gewürzt ist, beschreiben lässt.
Der äußere Eindruck des Restaurants lässt allerdings... ähm... etwas zu wünschen übrig. Tobias bemerkt, dass, als er in Rom war, er sich nicht ein ein derartiges Lokal zwecks Nahrungsaufnahme getraut hätte (die Bilder geben den Eindruck leider nur unzureichend wieder):

Im Restaurant...

Das Essen schmeckt trotzdem hervorragend.

Das neue Fahrrad

Nach dem Essen geht es also zum Fahrradhändler. Wir sehen uns verschiedene Räder an und holen die Preise ein (muss man bei jedem Rad nachfragen). Letzendlich nehme ich ein Rad für 280 Yuan (Korb und Schloss inklusive), mit dem Preis lässt sich leider nicht handeln, stattdessen gibt es aber das stärkere Schloss.
Ausschlaggebend für die Wahl des Rades war bei mir, dass es den höchsten Lenker hatte (der sich in seiner Höhe nicht verstellen lässt). Gangschaltung: Fehlanzeige. Bremsen: Felgenbremsen an Vorder- und Hinterreifen. Beleuchtung: Bis auf ein kleiner Reflektor hinten und an den Pedalen - Fehlanzeige. Radfahren wie vor Dekaden also. Michael und Tobi nehmen ähnliche Räder, Patrick entscheidet sich für ein Klapprad.

Los geht´s (Bild von Tobias)

Dann heißt es also, unsere Räder zu den Wohnungen zu überführen (8,6 km). Eine winzige Bewährungsprobe für die Räder und ein erstes Erleben des Straßenverkehrs in Peking als aktiver Teilnehmer. Meinen Radhelm habe ich im Rucksack mitgeführt und trage ihn nun (ich will mir ja nicht vorwerfen müssen, ihn extra mit nach China genommen zu haben, und dann nicht verwendet zu haben, wenn es nötig gewesen wäre).
Viele Große Straßen haben mit Zaun getrennte Radwege an ihren Seiten, die jedoch z.T. auch zum Parken für Autos und als Anliegerzufahrt benutzt werden.
Außerdem werden die Radwege durch Bushaltestellen unterbrochen und manchmal von Fußgängern mitverwendet. Wenn die Radwege zugeparkt sind, muss man auf die Straße ausweichen.
Andere Radfahrer fahren mal auf der linken, mal auf der rechten Seite, weichen nach links oder rechts aus, Autofahrer machen, was sie gerade wollen. Im Ganzen ist es ein ständiges Beschleunigen, Bremsen und Warten. Während der Fahrt springt die Kette von Patricks Rad, ein Passant hilft mit, sie wieder aufzuziehen. Bald darauf bricht ein Pedal von dem selben Rad, dieses kann dennoch nach Hause überführt werden und das Pedal ist dann auch gleich ersetzt.
Gegen 18 Uhr sind wir mit den Rädern zu Hause, unterwegs haben wir noch einen Stop in einem Cafe gemacht. Die Wasserflasche, die ich auf der Fahrt geleert habe, ließ ich dort im Fahrradkorb. Wir haben schon oft Leute gesehen, die die leeren Flaschen aus dem Müll sammeln. Ich gehe davon aus, dass, bis ich zurück komme, die Flasche verschwunden ist. Ist sie aber zu meiner größten Überraschung nicht.
Zu Hause angekommen beschließe ich, nach einem kurzen Blick in Google Maps, das Rad noch einer weiteren Probe zu unterziehen und auszuprobieren, wie es sich in der Umgebung fahren lässt. Dafür wähle ich die Straßen entlang des Kanals im Westen. Diese eignen sich dafür auch recht gut, da sie neu gebaut sind, über eigene, breite Radwege verfügen, (noch) wenig befahren sind und die Querungen mit anderen Straßen kreuzungsfrei als Unter- oder Überführungen angelegt sind, sodass das ständige Anhalten entfällt. Einen Abstecher Richtung vierte Ringstraße mache ich auch noch, der Verkehr dort ist allerdings wieder wenig entspannend. Insgesamt lassen sich locker 14 km fahren, ohne die vollständige Länge der Straße auszunutzen (es wird schon dunkel und ich möchte auch noch zu Abend essen). Die Gangschaltung vermisse ich schon. Allerdings ist es erträglich, da alles soweit eben ist. Als es dunkel wird, bemerke ich, dass kein Licht vorhanden ist (und beschließe, mich diesen Risikos nicht mehr auszusetzen, ehe ich ein Licht habe). Ein bisschen stört auch noch das klappernde Geräusch, dass das Rad von sich gibt. Dafür war es günstig. You get what you pay for. Ich überlge zwar, ob ein teureres Rad mit Gangschaltung und evtl. auch stabilerem Rahmen nicht eine bessere Wahl gewesen wäre, aber wenn sich keine Möglichkeit ergibt, das auch richtig auszufahren, wäre das Perlen vor die Säue geworfen. Radfahren hat hier nur die Bedeutung, von A nach B zu gelangen, als Freizeitvertreib oder sportliche Betätigung wird es von den Pekingern wohl nicht betrachtet.

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